Bad Bentheimer Stadtschützenfest 2024 
 

Das Schützenwesen und Start des Bentheimer Schützenfest


Von allen Volksfesten sind die Schützenfeste die ältesten. Im 13. Jahrhundert entstanden aus der alten Tradition heraus Frühlingsfeste zu feiern, die ersten Schützenfeste. Um die allgemeine Waffenfähigkeit der freien Männer zu gewährleisten, schlossen sich die Bürger in dieser Zeit zu Schützengesellschaften zusammen um sich im Umgang mit der Waffe auszubilden und organisierten mit dem Schützenfest damit einen Gegensatz zu den ritterlichen Turnieren des Adels. Mit der später steigenden fürstlichen Souveränität verloren die Schützengesellschaften zwar zunehmend ihre militärische Bedeutung, der bürgerliche Sinn blieb aber erhalten und so wurden aus den Schützengilden zunehmend Vergnügungsgesellschaften.
Die exakten Anfänge des Schützenfest im Flecken Bentheim sind nicht genau belegt. Das Königsornat der Alten aus dem Jahr 1583, bestehend aus einem vergoldeten gezackten Ring, der den Schützenvogel mit einem der Königsschilder verbindet,  zeigt auf einem geschwungenen Bande die Jahreszahl 1583 und gilt seither als Beginn der Bentheimer Schützenfesttradition.


Die entsprechende Schützenordnung wurde immer durch den jeweiligen Landesherrn bestätigt. Es waren aber die Bürger die diese Vereinigung gründeten, so zeigt dies das Wort „Burger“ auf der Rückseite des Schützenvogels der Schützenkette der Altgesellen.


Die Schützenkompanien, die der Altgesellen und der Junggesellen, haben über die Jahrhunderte im Buch geführt. Das Schützenbuch der Altgesellen ist hierbei vor über 270 Jahren verloren gegangen. Ein neues, bis heute erhaltenes Schützenbuch der Altgesellen, wurde im Jahr 1745 angelegt. Die ältesten Protokolle sind die der Junggesellen, die im Jahre 1681 erneut die Privilegien und Ordnungen erhalten haben, ein Fest zu feiern. Seit gut 330 Jahren sind somit Abläufe und Geschehnisse rund um das Bentheimer Schützenfest schriftlich dokumentiert.




Das Schützenfest im Wandel der Jahrhunderte


Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Bentheimer Schützenfest anfangs oftmals jährlich gefeiert, aber Kriege waren ebenso für mehrjährige Unterbrechungen verantwortlich, wie auch Missernten und weitere Gesellschaftliche Umbrüche.


Nachweislich wurde das Schützenfest der Alten im Jahre 1587, wahrscheinlich aber auch schon früher, unter dem Grafen Arnold II. gefeiert. In welchem Jahr das Schützenfest der Junggesellen erstmals gefeiert wurde ist nicht belegt, im Jahr 1681 wurden den unverheirateten Männern des Flecken Bentheim vom Grafen Ernst Wilhelm gestatten ein jährliches Fest zu feiern.


Wird das gemeinsame Fest seit 1973 auf dem Parkplatz des Schlossparkes gefeiert, so waren zu Beginn Gaststätten oder größere Räumlichkeiten die Orte der Feierlichkeiten. Im Jahr 1683 wurde am 8. Juni Schützenfest im Balter Palthen Haus gehalten. Im Jahr 1841 musste neben dem Festsaal der Witwe Schön noch ein zweiter Raum beim Kaufmann angemietet werden, um allen Feiernden Platz zu bieten und in den Nachkriegsjahren wurde ein Festzelt auf dem Marktplatz an der heutigen Marktstraße aufgestellt, in dem bis zu 1100 Gäste einen Sitzplatz vorfanden.


Ein paar Auszüge aus den Geschichtsbüchern, zeigen die bewegte und wechselhafte Geschichte des Bentheimer Schützenfest:


Am 30. Oktober 1745 zog der Landesherr, Graf Friedrich Karl Philipp in Bentheim ein und wurde von der Bürgermannskompanie der Junggesellen eskortiert. Als Gegenleistung erhielt jede Kompanie eine Tonne Bier und die Offiziere einen halben Anker Wein.


Am 1. September 1862 fand ein Schützenaufzug anlässlich der Anwesenheit des König Georgs V statt. Die Schützen bildeten dabei bei der Auffahrt zum Schloss ein Spalier und abends brachten die vereinigten Bentheimer und Schüttorfer Ihrem König einen Fackelzug von 800 Fackelträgern. Der König dankten den Teilnehmern für all die Beweise der Liebe und Anhänglichkeit
Das Schützenfest vom 16.-18. Juni 1865 war verbunden mit der 50. Wiederkehr der Schlacht bei Waterloo.
Im Jahre 1883 wurde das 300-jährige Jubiläum am 23. November gefeiert, so marschierten bei bestem Festwetter die vereinigten Schützenkompanien mit einem Musikkorps an Ihrer Spitze zum Königsschießen am Bade. So war es Brauch, dass der Fürst den ersten Schuss abgab. In diesem Jahr tat dies in Vertretung des Fürsten der Forstmeister Wegener, der auch den besten Schuss abgegeben hat und somit viel die Königswürde an seine Durchlaucht den Fürsten von Bentheim.  Da dieser entschuldigt nicht anwesend war, bat man den Erbprinzen Alexis von Bentheim und Steinfurt die Königswürde zu übernehmen.
Nicht immer wurde das Bentheimer Schützenfest Anfang September gefeiert, so gab es in den vergangenen Jahrhunderten Feste im Juni, Juli, August oder Oktober und auch wurde anfangs lediglich über ein Wochenende und nicht über neun Tage lang gefeiert.


Aber bereits im Jahr 1950, als in den Nachkriegsjahren die Tradition des größten Bentheimer Volksfest wiederbelebt wurde, feierten die Bentheimer Bürger bereits über eine Woche hinweg Ihr Schützenfest. Inzwischen hat sich der Termin Anfang September bewährt und auch die in den vergangenen Jahrzehnten eingespielte Festfolge von 5-7 Jahren wird von den Bentheimer Bürgern als gesetzt angesehen. Noch etwas hat sich nicht geändert, die Feststatuten vom 19. Oktober  1893 besitzen auch heute noch Ihre Gültigkeit.





Die Feststatuten


In all den Jahrhunderten wurden die Schützenordnungen mehrfach von den Obrigkeiten bestätigt. So zum Beispiel 1717 unter Graf Hermann Friedrich und 1749 vom Grafen Friedrich Karl.
1753 wurde die Grafschaft an Kurhannover verpfändet und so erging eine Anfrage nach Bestätigung der Privilegien an den Königlich Großbritannischen Landdrosten von Ompteda. Der dies am 10. Mai 1754 beantwortete, dass eine Bestätigung eigentlich unnötig sei, da der Pfandkontrakt ohnehin vorgesehen ist, dass dergleichen Dinge im Status quo bleiben.


Bis zum Jahre 1827 war es Pflicht eines jeden Junggesellen am Auszug teilzunehmen, die letzten Strafen wegen Nichtteilnahme wurde im September diesen Jahres ausgesprochen. Am 6. November 1827 wurde diese Regelung durch die Landdrostei in Osnabrück aufgehoben, da es nicht angemessen sei, die Bevölkerung durch Geldstrafen zu nötigen, an diese Lustbarkeit teilzunehmen,
Am 19. Oktober 1839 gab es dann neue Feststatuten, die bis heute Ihre Gültigkeit haben.
Hier die Statuten im Wortlaut und Schrift:


1.
An dem Schützenfeste kann jeder Bürger-Sohn des Fleckens Bentheim, der das 18. Jahr erreicht hat, nicht in Criminal-Untersuchung befangen oder mit einer Criminal-Strafe belegt worden ist, Theil nehmen. Niemand kann aber zur Theilnahme gezwungen werden.


2.
Zu jedem Schützenfeste, welches jährlich nur einmal stattfinden darf, ist die Erlaubnis des Magistrates zeitigst nachzusuchenm und bestimmt dieser die dazu passenden Tage, mit Rücksicht auf die Sonn- und Feiertags-Verordnung.


3.
Da die Officiere der Schützen-Gesellschaft hergebrachter Maßen die erledigten Chargen unter sich wieder besetzen: so behält es dabei vorerst sein Bewenden, und ist die Art 2 gedachte Erlaubniß-Gesuch  von den sämmtlichen Officieren zu unterschreiben. Die Schützen sind schuldig, den gemeinschaftlichen Anordnungen der Officiere Folge zu leisten, und haften diese daher auch zunächst für die genaue Befolgung dieser Feststatuten.


4.
Am bestimmten Tage des Scheiben-Schießens versammeln sich die Schützen beim Trommelschlage vor dem Hause des Capitains mit einem nicht geladenen Gewehre und ziehen die Gesellschaft sodann, wie bislang geschehen ist, zum hergebrachten Schießplatze im sogenannten Beschlags-Busche bei Bentheim.

5.
Es werden von den Officieren der Gesellschaft zwei deskundige im Vertrauen stehende Eingessene beim Magistrate zeitig genug in Vorschlag gebracht und von diesem dahin verpflichtet:
a. Für die Aufwendung tüchtiger Wälle beim Scheibenstand und Aufenthalts-Ort der Personen, welche auf die gefallenen Schüsse zur Scheibe achten sollen, und welche auf vergängiger Benennung von dem Magistrate zu genehmigen sind, zu sorgen: auch
b. Jedes Gewehr oder Büchse, woraus geschossen werden soll, vorab zu untersuchen und die etwa bedenklich scheinenden abzuweisen; sowie
c. Die Gewehre zum Scheibenschießen entweder selbst zu laden oder in Ihrer Anweisung laden zu lassen
Die Reihenfolge des Schießens bestimmt der Capitain der Gesellschaft

6.
Es darf von jedem in der Gesellschaft nur höchstens drei Mal zur Scheibe geschossen werden. Wer unter diesen Schützen zuerst den Scheibenknopf oder diesem am nächsten trifft, ist Schützen-König, wird mit dem silbernen ornate sofort bezeichnet und liefert dazu innerhalb Jahresfrist ein silbernes Schild nach einer ihm beliebigen Größe und Schwere, mit seinem Namenszuge und der Jahreszahl versehen, Für dieses Gedenkstück hat der Schützen-König freie Zeche und soll dazu, wie hergebracht, nichts beitragen.

7.
Das Schießen in den Straßen des Fleckens sowie während des Ein- und Auszuges oder auf dem Schützen-Platze, anders als der Tour nach zur Scheibe, ist bei einer Geldstrafe von fünf Thalern, zum Besten der Communal-Armen Kasse verboten.

8.
Das Branntweintrinken ist überhaupt beim Aufzuge sowie beim Scheiben-Schießen untersagt, daher auch hier kein Branntwein feilgeboten werden darf. Wer während des Festes betrunken befunden wird oder Unheil anstiftet, soll sofort aus der Gesellschaft entfernt und von der Schützen-Liste als ein unwürdiger Theilnehmer gestrichen werden, während er für seine Beitrags-Quote zur Zeche überall verantwortlich bleibt.

9.
Am Abend des Tages, an welchem zur Scheibe geschossen worden ist, sowie am Abend des darauf folgenden Tages, weiter aber nicht, findet Ball im Schützenhofe zum weißen Pferde Statt, und darf über die Polizei-Stunde hinaus getanzt werden, so lange keine Unordnung oder Unregelmäßigkeiten vorfallen.

10.
Einer der Officiere wird bei der Wahl mit der Geld-Erhebung beauftragt, und ein Anderer mit der Führung genauer Annotationen über die sämmtlich eingegangenen Beiträge. Die Rechnung über die Einnahme und Ausgabe muß gehörig belegt, von allen Officieren für die Richtigkeit derselben gehaftet und unterschrieben werden. Dem Magistrate steht die Abnahme und Revision der Rechnung zu, weshalb selbige mit den Belegen innerhalb 3 Wochen nach dem Statt gehabten Feste nebst dem etwaigen Geld-Ueberschuß eingeliefert werden muß. Dieser Ueberschuß wird in die Fleckens-Casse deponiert, und kostenfrei aus dieser zum folgenden Schützenfeste, jedoch ohne Zinsen, herausgegeben.

11.
Etwaige Mißverständnisse und Streitigkeiten entscheidet, statt der vormaligen s.g. Alterleute, der Magistrat unentgeldlich; dagegen sind die Theilnehmer der Gesellschaft verbunden, dem Ausspruche des Magistrats ohne weitere Berufung Folge zu leisten.

12.
Da der Magistrat, als die zuständige Obrigkeit dieser Schützengesellschaft, für die künftige sichere Aufbewahrung des silbernen Bechers und des Schützen-Vogels, woran sich 44 silberne Schilder der vormaligen Schützen-Könige befinden, zu sorgen hat, so kann er deren künftige Aufbewahrung als des Bechers im Schützenhofe durch die Wittwe Schön und des Vogels und der Schilder durch den derzeitigen Schützen-König zwar ferner gestattet werden, es muß aber sowohl jene wie dieser, nach vorgängiger Ausmittlung des Werthes der Gegenstände, genügend Sicherheit dafür bestellen. Geschieht dies nicht sofort nach abgehaltenem Feste, so müssen die obigen Sachen dem Magistrate eingeliefert werden, der für die sichere Aufbewahrung derselben sorgen wird.

13.
Jeder Teilnehmer am Schützenfeste unterwirft sich stillschweigend diesen Statuten, und damit Niemand mit Unwissenheit sich entschuldigen möge, sollen selbige vor dem Aufzuge der Gesellschaft durch den Capitain vorgelesen, auch zu eines Jeden Einsicht bei demselben offen gelegt werden, weshalb der Gesellschaft eine Ausfertigung derselben auf deren Kosten mitgeteilt werden soll. Etwaig nöthig scheinende Aenderungen oder Zusätze dieser Statuten werden vorbehalten.

14.
Es sollen diese Statuten der Königlichen Landdrostei zu Osnabrück in Gemäßheit erlassenen Ausschreibens vom 27.September 1836 zur Genehmigung vorgelegt werden.



Kriege - Unruhen und die Zeit danach

Ein Erbe zu pflegen,
Altes zu erhalten
und ihm sinnfällig eine Deutung für unsere Zeit zu geben,
ist der Wille des Bentheimer Schützenfestes.


Dieser Ausspruch des ehemaligen Kapitän der Alten, August Hellendorn, verdeutlicht den Wandel der Zeit, dem das Bentheimer Schützenfest immer wieder unterworfen war.


So war es nach dem zweiten Weltkrieg im Jahr 1950 sicher nicht einfach für die Bentheimer Bürger, wieder an ihr großes Volksfest zu denken. Denn, Bentheim war Teil der britischen Besatzungszone, die außenpolitische Lage war ungewiss und über das Schicksal vieler deutscher Kriegsgefangener herrschte noch Unklarheit. Aber der Wille der Bentheimer Bevölkerung Ihre alte Tradition wieder aufleben zu lassen, das letzte Fest wurde 1937 gefeiert, setze sich letztlich durch und begeisterte Jung und Alt. So war es der englische Residenzoffizier Mr. Read, der sich für die Belange der Bentheimer Bevölkerung einsetzt und eine Sondergenehmigung sowie Gewehre besorgte. Am Bade wurde der alte Schießstand wieder hergerichtet, so dass am 7. August 1950 gegen 12 Uhr mit Dietrich Niebrig der erste Schützenkönig nach dem zweiten Weltkrieg gefunden wurde, der damit eine neue, friedliche Ära des Stadtschützenfestes einläutete, die bis heute andauert.


Aber schon in früherer Zeit wurde das Abhalten des Schützenfest oftmals durch Kriegsereignisse beeinträchtigt oder verhindert.


So scheint von 1787 bis 1820 das Schützenfest gar nicht gefeiert worden zu sein. Das auch Bentheim damals nicht von Kriegsunruhen verschont geblieben ist, geht aus einem Schriftstück vom 21. Februar 1810 hervor, nach welchem die Offiziere der Schützengesellschaft zusammengetreten waren, „um das bey den Gastwirth Schön beruhende Schützenbuch nebst dem silbernen Becher in Empfang zu nehmen, und solches bey den jetzigen Zeiten in Verwahrsam zu bringen. Dem Gastwirth Schön wurde gegen Ablieferung des Obigen die Versicherung erteilt, daß beym nächsten Schützenwesen das Buch und der Becher wieder zu dem vormaligen Gebrauch in desselben Behausung abgeliefert werden soll“. Am 7 Juli 1820 sind dem „Gastwirth“ Schön die genannten Sachen wieder eingehändigt.